Dicke Hosen Story by Wolfi - Teil 1 -


Warum fahre ich auch bei Winterwetter Zweirad? Diese Frage habe ich mir schon so oft selbst gestellt. Nun manchmal muss man Dinge einfach machen und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, das ich zwar friere, aber dieses sehr gut aushalten kann. Das liegt wahrscheinlich an meiner frühen Erfahrung mit dem Motorrad welches ich mehr geschoben als gefahren habe. Es war eine GT 250 von Suzuki. Die Dame funktionierte nicht richtig bei Regenwetter und Feuchtigkeit. Die Zündung verließ immer den 2. Zylinder und selbst der freundliche Suzuki Händler konnte an diesem zickigen Gehabe nichts ändern. Sie war eine Diva und die Diva die ich damals in Schönstadt damit besuchte war eigentlich genauso. Sie neigte auch zu einem gewissen hin und her und war sich nicht schlüssig was sie mit mir so sollte.
Also immer oft gestritten und sie hat mich gelegentlich versetzt und verletzt. Also nannte ich mein Motorrad Conny nach der Diva die auch nicht wusste wie sie anspringen und fahren sollte.
Ich musste nachts oft schieben, wegen dem besagten Fehler und bin bedingt durch diese Tatsache oft in Regen und Schneegestöber gekommen. Ob ich da das frieren gelernt habe ist mir nicht mehr so in Erinnerung. Denn eigentlich ist mir immer dabei warm geworden. Aber ich denke, mir sind da die Grundsteine zum Frieren auf dem Motorrad gelegt worden. Vielleicht war es auch so, dass der liebe Gott es gut meinte mit mir und mir die Selbstgeiselung aufbürdete, in Form von schieben über ein paar Kilometer und um mir zu zeigen, lass die Finger von dem Weibe, es ist nicht die Richtige. An dicke Hosen dachte ich damals noch nicht, denn die Motorradausstatter waren noch nicht so verbreitet wie heute.Also schob ich oder fror auf meinem Bike damals. Ich merkte zwar nicht bewusst das ich fror sondern hielt es einfach aus. Ich gewöhnte mich daran was sich bis heute so gehalten hat.
Heute sagen viele Motorradfahrer sie sind Winterfahrer, natürlich nicht ohne Stolz. Damals war ich der frierende Wolfi der immer fährt. Dann holte ich mir eine alte Wattehose die mir ein warmes Fahrgefühl im Winter verschaffte und die Motorradhandschuhe von Segura, damals mit Aluminium Wärmeschicht hinter der Stoffisolierung im Handschuh.
Ein paar Jahre später habe ich die Suzuki aus der Garage verkauft und die beiden Connys gehörten der Vergangenheit an. Mir ist auch aufgefallen das ich mit Zweirädern immer eine Verbindung zu Frauen hatte und ich mich immer an beide, im Zusammenhang erinnerte.
Um noch einmal auf die Wattehose zurück zu kommen, es war eine Hose die mein Vater noch in Besitz hatte als er für das 1000 jährige Reich in den Krieg zog und diese einem Flugzeugführer abschwatzte. Die Flugzeugführerhandschuhe, die auch noch besaß, waren meine ersten Motorradhandschuhe die ich auf meiner 50ccm Honda SS 50 benutzte. Ich denke das alle diese Relikte nachher, dem Aufräumwahn meiner Mutter zum Opfer vielen. Zumindest ist es mir nicht bekannt wo diese Dinge geblieben sind.
Danach machte ich eine Pause, was das Zweiradfahren angeht und da ich nicht zu den begnadeten Fahrradfahrern gehöre, stellt sich diese Technik bei mir auch nicht ein. Selbstverständlich hatte ich auch so ein Rennrad, was aber bis heute absolut neu aussieht und fast nicht benutzt wurde. Ich quäle mich nur auf einem Fahrrad und bin eher der Typ, der 30 km zu Fuß geht, als 2 km mit dem Fahrrad fährt. Deswegen brauchte ich in dieser Ära auch keine wärmende Hose, da ich der Wolfi bin, der nicht Fahrrad fährt.
Dann stellte sich die Zeit ein die fast zu jedem jungen Mann gehörte, der in der Zeit des Wehrdienstes lebte. In dieser Zeit erinnerte ich mich wieder an meine zweirradfahrende Zeit und kaufte mir, mangels finanzieller Beweglichkeit, einen 200er Vespa Roller, der mich aber meine ganzen 12 Jahre im damals olivgrünen Staatskleid begleitete.
Mit diesem Roller fuhr ich die Strecke Marburg Aachen fast jedes Wochenende und war mit der herkömmlichen Kleidung recht zufrieden. Der Vorteil an der Sache war, es war Sommer und so stellte sich anfangs nur eine Regenhose ein. An eine wärmende Winter geeignete Hose dachte ich natürlich bei Sonnenschein nicht und so fuhr ich die diese Strecke ca. 250 km jedes Wochenende.
Bis auf einen Ausfall der Zündelektronik hatte mich der Roller nicht im Stich gelassen.
Aber auf den andauernden Fahrten merkte ich, das es mit fortschreitender Kalenderzahl immer kühler bzw. kälter wurde. Die damals benutzte Regenkleidung erwies sich als nicht besonders dicht und ich hatte immer ein unangenehmes Gefühl wenn es zu Dauerregen gekommen ist. Die wärmende Kleidung unter der Regenhose beschränkte sich auf Staatskleidung in Form von langer Unterhose und Moleskinhose in oliv.
Dann kam mir die Erleuchtung was die Regenhose angeht nachdem ich Angler an der Maas beobachtet hatte. Ich kaufte mir eine Anglerhose mit angeschweißten Gummistiefeln. Diese Hose zog ich über die olivgrüne Vielfalt und hatte eine etwas übergroße aber wasserdichte Kleidung. Die sogenannte Waathose, zog sich bis unter die Achselhöhlen und sie war vor allem dicht.
Da sich auf der Sauerlandlinie immer mehr Schneetreiben bildeten wenn ich sie befuhr, hatte ich mit den kleinen Rollerrädern meine Probleme. Jetzt spielte die Waathose ihren voll Trumpf aus. Rechts und links die Füße in den Schnee und dann Gas und weiter. Diese Technik verfeinerte ich durch Stellung der Füße und Druck zur Fahrbahn zur Perfektion.
Bis zu dem Tag den ich, meinen Tag der langen Messer nannte. Ich startete Mitte Februar in Aachen und es war schon bei der Abfahrt im Minus Grad Bereich. Da ich aber gut eingepackt war und die treue Waathose ihren Dienst versah, konnte mir eigentlich nichts passieren. Ich hatte noch eine Lederjacke aus den 50er Jahren an und somit konnte die Fahrt beginnen. Aber ich merkte das der Frost immer mehr Besitz von meiner Kleidung und meinem Körper nahm. Da ich immer kurz vor der Abfahrt Olpe aus meinem mitgeführten 5 Liter Reservekanister nachtanken musste, war dies nur mit klammen und mit Frost belegten Fingern möglich. Ich füllte meinen Tank unter diesen schwierigen Gesichtspunkten mühsam auf. Die Umweltbedenkenträger der heutigen Zeit mögen mir mein Kleckern verzeihen. Dann wieder auf die Vespa und nach nur einem Kick sprang sie zuverlässig an und ich konnte mein selbstauferlegtes Leiden fortsetzen. Ich zitterte, fror, wurde müde. Ich fing an Soldatenlieder zu singen die sie mir in der Grundausbildung beigebracht hatten, nur um abgelenkt zu sein. Dieses Ritual habe ich mir bis heute erhalten und trällere die Mundorgel hoch und runter, wenn ich in körperliche extrem Beanspruchung komme. Es ist eine Art mit der Belastung zurecht zu kommen. Als ich in Marburg angekommen bin und meine Vespa in die Garage stellte, war ich nicht mehr in der Lage sie auf den Hauptständer zu stellen, einen Seitenständer hatte ich damals noch nicht. Also lehnte ich sie einfach gegen die Wand und entwirrte die Verzurrung der Gepäckrolle von Hein-Gericke und dieses mit fast erfrorenen Fingern. Ich schleppte mich ein paar Häuser weiter zu meinem Elternhaus und klingelte, da ich nicht mehr in der Lage war den Hausschlüssel in das Schlüsselloch zu führen. Meine Mutter öffnete mit den Worten, Junge wie siehst du denn aus. Denn an dem Latz der Waathose hatte sich eine Weiße gefrorene Schicht gebildet. Ich zog meine Sachen im Flur aus und meine Mutter machte mir eine heiße Badewanne. Nachdem ich mich in die heiße Wanne begeben hatte, ist das Gefühl in mir hochgekommen ich sei bei der Akupunktur Weltmeisterschaft gelandet und alle Teilnehmer versuchten ihr Glück an meinem Körper. Nach ca. 10 Minuten hielt ich es in der gutgemeinten Badewanne nicht mehr aus und verließ diesen ungastlichen Ort. Dann zurück ins Elterliche Wohnzimmer. Dort schaffte ich es noch meinen Trainingsanzug anzuziehen. Dann ran an die Fernbedienung und gleich und sofort eingeschlafen. 
In dieser Nacht versuchte meine Mutter mich vergeblich mehrmals zu wecken, dieses unterfangen funktionierte damals nicht. Somit erholte ich mich schnell um dann wieder am Sonntag die Rückreise zu beginnen. Was jetzt kommt ist halt das was mich bis heute motiviert und begleitet hat, Wolfi ist der, der immer fährt.